PatientIn „Peter“ | 11. Juni 2024

Hallo,

erstmal vielen Dank fĂŒr die Beratung, die hier angeboten wird.
Ich wollte Ihnen mal meinen Fall (mÀnnlich, 30 Jahre alt) schildern und um ihre EinschÀtzung bitten (ich zitiere teils aus den Befundberichten):

Im August 2022 habe ich erstmals ein leichtes Kribbeln und SensibilitĂ€tsstörungen in den FĂŒĂŸen gemerkt, die aber nur flĂŒchtig vorhanden waren und zeitweise wieder weggegangen und wieder aufgetaucht sind.
Ab dem Herbst habe ich dann gemerkt, dass ich deutlich schneller erschöpft bin, insbesondere nach mental anstrengenden Arbeitstagen. Im Winter 2023 hat dann ein Kribbeln an HĂ€nden und FĂŒĂŸen eingesetzt, welches bis heute vorhanden ist.

Aufgrund der Symptome ist dann ein MRT des Kopfes im Juni 2023 erfolgt, welches bis auf zwei unspezifische MarklagerlÀsionen wohl unauffÀllig war. Zudem ist im August 2023 eine Nervenwasseruntersuchung erfolgt, welche ebenfalls bis auf leicht erhöhtes Protein (0,50 g/l) und Liquoralbumin (35 mg/dl) unauffÀllig war - keine oligoklonalen Banden und keine intrathekale IgG-Synthese.
ZusĂ€tzlich wurden VEP, MEP, und SEP durchgefĂŒhrt. Die VEP waren beidseits verzögert (119ms/121ms), der Rest war unauffĂ€llig. Ich kann mich jedoch nicht an eine SehnerventzĂŒndung erinnern, weswegen mich die VEP-Werte verwundern. Borreliose und andere Autoimmunerkrankungen sind wohl auch durch unauffĂ€llige Antikörperbefunde eher ausgeschlossen. B12-Mangel ebenso.

Da ich zudem ein Kribbeln in den FĂŒĂŸen bei Vorbeugen des Kopfes habe, ist dann noch ein MRT von HWS und BWS (im Januar 2024) gemacht worden. Hier konnten laut Bericht jedoch keine LĂ€sionen oder andere AuffĂ€lligkeiten wie ein Bandscheibenvorfall gefunden werden. Das MRT ist wie das des Kopfes ohne Kontrastmittel erfolgt, da laut Radiologe keine Notwendigkeit gesehen wurde. Ich muss aber sagen, dass ich auch nur ein Kribbeln in den FĂŒĂŸen habe und keinen Schmerz, welcher von der WirbelsĂ€ule Richtung FĂŒĂŸe wandert, wie es laut meinem Arzt eher typisch fĂŒr MS wĂ€re. Allerdings verstĂ€rkt sich dieses PhĂ€nomen bei mir durch sportliche AktivitĂ€t wie zB Radfahren.

Aktuell leide ich immer noch unter den SensibilitĂ€tsstörungen und ich fĂŒhle mich weiterhin deutlich erschöpfter als frĂŒher. Seit ca. zwei Wochen ist eine (zumindest gefĂŒhlte) Steifigkeit im linken Unterschenkel dazugekommen, welche im Tagesverlauf schwankt. Die Steifigkeit war vor ein paar Monaten schonmal da, ist dann aber wieder verschwunden.

Meine Fragen daher:
1. Wie wahrscheinlich ist denn noch eine MS bei den eher unauffĂ€lligen Befunden? Man hĂ€tte doch im MRT etwas sehen mĂŒssen bei so vielfĂ€ltigen Symptomen?
2. Mir machen vor allem die auffĂ€lligen VEP-Werte Sorgen. Das wĂŒrde zusammen mit den Symptomen ja doch eher zu MS passen, oder?
3. Könnte es sein, dass es in meinem Fall einfach etwas dauert, bis sich im MRT AuffÀlligkeiten zeigen?
4. Sehen Sie eine Notwendigkeit, Untersuchungen nach einer gewissen Zeit zu wiederholen? Wenn ja, welche?

Ich wĂŒrde nur ungern die Möglichkeit einer frĂŒhen Therapie verpassen, wenn es eben doch MS sein sollte.

VG

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Deine Frage beantwortet

Carsten Sievers
Neurologe|11. Juni 2024

Hallo Peter,

im Überblick passt die Verteilung und Dynamik der Beschwerden, das MRT, der Liquorbefund und die Elektrophysiologie (außer VEP grenzwertig bis leicht verzögert?) nicht zu einer MS, ich gehe davon aus auch der neurologische Untersuchungsbefund nicht. Ich halte daher ich eine MS fĂŒr ausgeschlossen und das alle Untersuchungen erst spĂ€ter entsprechende Befunde zeigen fĂŒr abwegig. Prinzipiell sind in diesem Fall neurologische und elektrophysiologische Verlaufsuntersuchungen (Elektroneurographie, Tibialis SEP, VEP) sinnvoll um einen evtl. progredienten neurologischen Prozess (nicht MS) zu erfassen und abhĂ€ngig von deren Ergebnissen ggf. mehr.

MfG

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