Unklare Diagnose, was kann ich tun?
Sehr geehrte Herren,
seit ca. 2010 habe ich ein Kribbeln im rechten Bein und bin heute 55 Jahre alt und wohne im GroĂraum Hamburg. Die Diagnose des damaligen OrthopĂ€den lautete Bandscheibenvorfall L5/S1.
Bis heute gesellte sich ein immer stĂ€rkeres Humpeln auf dem Bein dazu. Mittlerweile ist hieraus u.a. eine mittelschwere FuĂheberschwĂ€che erwachsen und das Bein ist leicht schwĂ€cher, als das linke Bein.
Vor 2 Jahren fĂŒhlte ich ebenfalls eine leichte SchwĂ€che im rechen Arm. Seit dieser Zeit versuche ich aktiv die Ursache dieser Probleme zu finden, da ich ab diesem Zeitpunkt nichtmehr davon ausgehen konnte, dass es sich um den oben erwĂ€hnten Bandscheibenvorfall handelt.
HierfĂŒr bin ich bei mehreren Neurologen vorstellig geworden, bis ich mit der Bitte einer Differentialdiagnose und Verdacht auf eine Motoneuronenerkrankung in ein Krankenhaus eingewiesen wurde.
Hier wurde eine chronisch entzĂŒndliche ZNS Erkrankung festgestellt, gemÀà Ausschluss Diagnose eine primĂ€r progrediente Multiple Sklerose.
Diese Diagnose stĂŒtzt sich nach meinem VerstĂ€ndnis primĂ€r auf Residien im Spinalkanal Höhe des dritten Halswirbels, sowie aktuell 5 im MRT erkennbare LĂ€sionen im Gehirn, wobei (nur) eine LĂ€sion in Form und Lokation fĂŒr eine MS sprĂ€che (Aussage MS Ambulanz)
Der Arzt, der MS Ambulanz eines Kranenhauses, den ich nach Entlassung konsultierte, Ă€uĂerte nach Studium des Befundes, dass aus seiner Sicht die im Krankenhaus gestellte Diagnose nicht sicher wĂ€re. Er hĂ€tte allerdings auch keine Idee, was es sonst sein könnte.
Wir sind so verblieben, dass ich nach einem Jahr erneut ein MRT mit Kontrastmittel durchfĂŒhre und dann erneut vorstellig werde, um festzustellen, ob es VerĂ€nderungen im MRT gibt.
Ich möchte diese Zeit allerdings nicht untÀtig bleiben und suche nach alternativen AnsÀtzen, die ich in der Zwischenzeit sinnvoll verfolgen kann.
Meine Frage lautet nun, ob sie gemÀà meiner Schilderung und der teilweise angehĂ€ngten Diagnose ebenfalls die Skepsis der MS Ambulanz teilen und mir einen Spezialisten in Deutschland empfehlen können, der die Diagnose weiter absichert bzw. widerlegt, oder einen anderen Vorschlag fĂŒr die nĂ€chsten sinnvollen Schritte fĂŒr mich haben.
Diagnose:
Die stationÀre Aufnahme des Patienten erfolgte aufgrund einer sich klinisch zeigenden langsam progrediente spastische beinbetonte Hemiparese rechts unklarer Genese.
In den ambulanten MRTs der spinalen Achse stellte sich kein erklĂ€render Befund dar. ErgĂ€nzend erfolgte am 26.05.2023 ein MRT der WirbelsĂ€ule mit Kontrastmittel, wo sich ein beidseitiges laterales segmentĂŒbergreifendes Myelopathiesignal HWK 3-HWK 4 ohne Kontrastmittelaufnahme mit Progredienz zum Vorbefund MRT HWS ohne KM von 13.05.2015 (ambulantes MRT) zeigte.
Die Sichtung der noch mitgefĂŒhrten Vorbefunde in der neuroradiologischen Visite erbrachte einerseits im ambulanten MRT des Neurocraniums ohne KM den Nachweis von vereinzelten ovalĂ€ren LĂ€sionen periventrikulĂ€r und einer auch kortikal, am ehesten einer entzĂŒndlichen LĂ€sionen entsprechend. Andererseits zeigte sich auf im ambulaten MRT der HWS ohne KM Höhe HWK 3 ein rechtsbetontes Myelopathiesignal ebenso einer möglichen entzĂŒndlichen LĂ€sion entsprechend.
In der ergĂ€nzenden Liquordiagnostik fand sich keine Pleozytose oder EiweiĂerhöhung. Die OKBs verblieben negativ und die Neurofilamente normwertig.
Nebenbefundlich fanden sich grenzwertig erhöhte onkoneurale Antikörper - SOX1 Liquor und Serum, Zic4 Liquor und CV2 Liquor - welche mit einem kleinzelligen Bronchialkarzinom assoziiert sein können.
Wir empfehlen daher eine ergÀnzende CT-Thorax/-Abdomen Untersuchung sowie die Kontrolle der Werte im Verlauf.
Elektroneurografisch findet sich ein unauffÀlliger Befund. Elektromyografisch findet sich lediglich vor allem im M. rectus femoris rechts, und M. gastrocnemius rechts chronisch neurogener Umbau sowie vereinzelt auch im M. tib. anterior rechts, DD passend zu einer alten polyradikulÀren SchÀdigung (L4/L5/S1) bei anamnestischen lumbalen Bandscheibenvorfall mit damals auch Ausfall des PSR rechts.
Die Ableitung der evozierten Potentiale (SEP/MEP) ergab eine a.e. zentrale afferente und efferente
Reizleitungsstörung rechtsbetont.
Zusammenfassend liegt der langsam progredienten spastischen beinbetonten Hemiparese rechts a.e. eine chronisch entzĂŒndliche ZNS-Erkrankung i.S. einer primĂ€r progredienten MS zugrunde. HierfĂŒr spricht der klinische zeitliche Verlauf und die bildmorphologischen Befunde mit rĂ€umlicher Dissemination. Allerdings verblieben die OKBs negativ.
Ăbrigens: Ich leide weder unter Fatigue, noch habe ich ein Uthoff Syndrom
Vielen Dank fĂŒr Ihren Rat!
Alexander
Deine Frage beantwortet
Hallo Alexander,
ich teile einen gewissen Zweifel wegen der negativen OKB trotz langjĂ€hrig progredientem Verlauf. Initial bestand ein radikulĂ€res Syndrom mit nachweislichem Residualschaden den die aktuelle Symptomatik ĂŒberlagert. Die spastische Parese dĂŒrfte auf die progrediente HalsmarklĂ€sion zurĂŒckzufĂŒhren sein.
Eine persönliche Empfehlung fĂŒr einen Spezialisten ist standesrechtlich nicht statthaft. Es gibt in Deutschland aber einige in UniversitĂ€tskliniken, die oft auch spezialisierte MS-Ambulanzen betreiben, in ihrem Fall ist die nĂ€chste In Hamburg. Des weiteren wird u.v.a. auch in MĂŒnster und Bochum besonders viel zur MS publiziert, alle aufzuzĂ€hlen wĂŒrde die Liste zu lang werden lassen, die Nennungen basieren auf geographischer NĂ€he zu ihnen.
MfG
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