Sensibilitätsstörungen
Liebe Dres. Schneider und Sievers,
ich bin 49 Jahre, in den Wechseljahren (mit bioidentischer Hormonersatztherapie) und habe Hashimoto - das zur aktuellen gesundheitlichen Lage. Ich habe seit ca. zwei Monaten Sensibilitätsstörungen. Es ging los, dass mir nachts häufig die Arme oder Hände eingeschlafen sind. Dazu kommt, dass ich als Bauchschläferin über sehr viele Jahre nachts oft auf meinen Armen und Händen liege. Kapaltunnelsyndrom konnte aber durch die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, die optimal ist, ausgeschlossen werden. Jetzt kribbeln tagsüber auch immer wieder symmetrisch meine Beine (Waden, Füße bis in die Zehen). Es wechseln in Armen und Beinen symmetrisch sich verschiedene Missempfindungen ab - mal kribbelt es, oder es fühlt sich besonders warm oder kalt oder steif an (ist es aber nicht, ist alles beweglich). Wenn ich mich abends ins Bett auf die Arme lege, ist es am schlimmsten. Dann fühlt es sich über die meiste Zeit der Nacht so an, als ob meine Arme wieder einschlafen würden (passiert aber nur ca. ein oder zweimal die Woche). Ich fühle mich körperlich sonst sehr fit, mache viel Sport. Sport und Schwimmen helfen gegen die Symptome.
Ich bin aktuell in neurologischer Abklärung. Vitamin B12-Mangel ist ausgeschlossen. Die normale neurologische Untersuchung ergab keinerlei Auffälligkeiten. In den nächsten Schritten soll ein MRT vom Nacken gemacht werden und noch mal die Nervenleitgeschwindigkeiten vom Kopf bis Fuß und von den Ellenbogen bis in die Hände gemessen werden.
Die Neurologin geht nicht davon aus, dass es MS ist. Ich mache mir große Sorgen, weil ich die Empfindungen sehr stark spüre - vor allem auch nachts. Ich habe eine sehr fordernden Job und hatte in den vergangenen Jahren sehr wenig Erholung. Kann so etwas auch derartige Symptome auslösen?
Ich freue mich auf eine Rückmeldung.
Beste Grüße
T.
Deine Frage beantwortet
Sehr geehrte Tanja,
für Ihre Beschwerden gibt es zahlreiche mögliche Ursachen. Die Symmetrie der Ausfälle (beide Seiten betroffen, akral Betonung (Hände und Füße)) spricht eher für eine periphere Ursache, z.B. einer Polyneuropathie. Da aber die Nervenmessungen normal sind, muss weitere Diagnostik folgen. Eine funikuläre Myelose (Vitamin B12-Mangel) ist ebenfalls eine Differentildiagnose. Oft wird hier der Fehler gemacht, nur das B12 zu bestimmen. Zusätzlich muss die Methylmevalonsäure und das Holo-Tc bestimmt werden. Auch bei einem normalen B12-Spiegel kann ein Mangel vorliegen ! Als nächstes ist der Liquor (Eiweißerhöhung ?) wichtig, um eine CIDP ausschließen zu können (chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie). Ich könnte jetzt noch mehr Differentialdiagnosen benennen. Aber ist stimme ihrer Neurologin zu, dass es sich eher nicht um eine MS handelt. Erst wenn alle organische Ursachen ausgeschlossen wurden sollte man sich Gedanken machen, ob auch eine seelische Genese vorliegen kann.
Mit freundlichen Grüßen.
Lieber Herr Dr. med. Detlev Schneider,
haben Sie ganz herzlichen Dank für Ihre Antwort zu meinen Fragestellungen zu den Sensibiltätsstörungen vom 20. Juli (Ihre Antwort vom 21. Juli).
Ich war heute noch mal bei einer neuen Neurologin, weil die Diagnostiken in der anderen Praxen sich alle bis September gezogen hätten.
Bei der allgemeinen neurologischen Untersuchung gab es wieder keinerlei Auffälligkeiten, Vitamin B12-Mangel ist definitiv ausgeschlossen, der Holowert ist mit 76 normal, MMA sollte nicht mehr genommen werden.
Jetzt wurden noch mal alle Nervenleitgeschwindigkeiten gemessen (Arme, Beine, Kopf bis Fuß - habe leider keine Werte mitgenommen). Jetzt hieß es doch Karpaltunnelsyndrom, obwohl ich ja auch Sensibilitätsstörungen in den Beinen habe, auch hier war wohl ein Wert nicht ganz optimal - ich kann das leider nicht präzisieren. Und vor sechs Wochen war die Nervenleitgeschwindgeit in der anderen Praxis scheinbar optimal. Die nächsten Schritte sind jetzt MRT HWS, BWS, Kopf. Ich habe die Ärztin auf CIDP angesprochen. Sie sagte, dass würde sie hier gar nicht "auf dem Schirm haben". Ich bin jetzt sehr verunsichert nach Ihrem Hinweis, dass ich bis Oktober mich mit falscher Diagnostik beschäftige, aber was kann ich selber tun? Antikörper bestimmen auf Selbstzahlerrechnung? In die Klinik gehen? Ich will nicht zu viel Zeit verstreichen lassen.
Freue mich auf eine Einschätzung oder Empfehlung.
Herzliche Grüße
T.
Deine Frage beantwortet
Sehr geehrte Tanja,
wenn Sie rasch Klärung haben wollen, dann ist in der Tat eine stationäre Abklärung sinnvoll. Insbesondere dann, wenn eine Liquordiagnostik durchgeführt werden soll. nur wenige niedergelassenen Kollegen führen eine LP in der Praxis durch. Allerdings habe ich nicht den Eindruck, als würden bei Ihnen keine Untersuchungen laufen. Manche Dinge klären sich auch erst im Verlauf. Eine notfallmäßige Diagnostik erscheint mir bei Ihnen ebenfalls nicht vorzuliegen. Dennoch würde ich auch um eine baldige Abklärung drängen.
Mit freundlichen Grüßen
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