Radiologisch isoliertes Syndrom
Liebe Experten,
ich werde versuchen, mich so kurz wie nur irgend möglich zu fassen und hoffe, dass es mir glĂŒcken wird. Ich bin 33 Jahre alt und wurde nach einem achttĂ€gigen Krankenhausaufenthalt, der mich sehr belastet und verĂ€ngstigt hat, in der vorletzten Woche inkl. Arztbrief samt Diagnose "EntzĂŒndliche ZNS-Erkrankung im Sinne eines RIS" entlassen. Nach einem Zufallsbefund durch eine regelmĂ€Ăig stattfindende Routine-cMRT (wegen ungefĂ€hrlicher Zyste) im MVZ wurde mir dringend empfohlen, in der Notaufnahme vorstellig zu werden, da einige LĂ€sionen (Anzahl ist mir leider nicht bekannt) entdeckt wurden, die sich mittels KM-Einsatz (juxtakortikal und kortikal) als akut entzĂŒndet und teilweise schrankengestört entpuppten.
Ich hatte im Vorfeld keinerlei Beschwerden (ab und an obligatorischer Spannungskopfschmerz - ist vermutlich vernachlĂ€ssigbar?) und habe mich (zumindest physisch) völlig gesund gefĂŒhlt. Da ich somit absolut unvorbereitet ins Nichts gestĂŒrzt bin und wĂ€hrend des Aufenthalts zunehmend panische Angst entwickelt habe, fehlt mir noch immer sicherer Boden unter den FĂŒĂen.
Nun also der relevante diagnostische Bezug: Klinisch-neurologische Untersuchungen waren unauffÀllig (keine fokal-neurologischen Defizite).
Auf diese wurde jedoch zunĂ€chst ein aufmerksames Auge geworfen, da ich Ende des vergangenen Jahres drei Tage nach meinem Corona-Booster einige Wochen im linken Arm und in beiden Beinen Koordinationsprobleme und muskulĂ€re SchwĂ€che entwickelt habe, die jedoch nurologisch untersucht wurden und organische Ursachen ausgeschlossen werden konnten. Die Diagnose lautete letztlich Dissoziative Bewegungsstörung. Die Beschwerden waren auch mithilfe eines Aufenthalts in einer akutpsychosomatischen Klinik rĂŒcklĂ€ufig (teilweise auch schon frĂŒher).
Der vorlĂ€ufige KH-Arztbrief (es stehen noch einige Werte aus) wurde diesbezĂŒglich mit "fraglich" ergĂ€nzt. Wird die Diagnose nun angezweifelt? Die damalige behandelnde Neurologin und meine Ărztin fĂŒr psychosomatische Medizin und Psychotherapie schienen sich hinsichtlich dieser nach RĂŒcksprache sehr einig zu sein und ich bin nun höchst verunsichert.
ZusĂ€tzlich wurden im Verlauf des KH-Aufenthalts eine Lumbalpunktion, bei der eine oligoklonale Banden und eine rechnerische intrathekale Immunglobulin-Synthese nachgewiesen wurden (Indexwert mit 1.02 offenbar zu hoch? Mögen Sie mir sagen, was genau diese Ergebnisse bedeuten und weshalb sie gemÀà Arztbrief auf ein entzĂŒndlliches Liquorsyndrom hinweisen können?) und noch eine weitere MRT des RĂŒckenmarks vorgenommen, bei der eine weitere (nicht entzĂŒndete, nicht schrankengestörte) LĂ€sion entdeckt wurde.Andere Liquorwerte waren unauffĂ€llig, ebenso wie die restlichen laborchemischen Untersuchungen (auĂer erhöhte MPV-Werte zwischen 12-13, deren Bedeutung sich mir auch nicht erschlieĂt).
Zudem wurden Untersuchungen der evozierten Potenziale vorgenommen.
MEP: gÀnzlich normwertig
SEP: N.medianus kortikale Latenzen rechts normwertig, links nicht sicher reproduziert,
spinale und periphere Latenzen beidseits normwertig.
N.tibialis kortikal
beidseits formal normwertig (im Seitenvergleich von links verlÀngert),spinale Latenzen nicht sicher reproduzierbar, peripher beidseits normwertig.
(SEP waren im Winter noch alle unauffÀllig.)
VEP: Latenzen P100 rechts verlÀngert, links normwertig, Amplituden (75/100) beidseits unauffÀllig.
Auch diese Ergebnisse verÀngstigen mich sehr, da ich sie nicht einordnen kann.
AbschlieĂend erwĂ€hnenswert ist, dass ich im KH mit einer dreitĂ€gigen Kortison-StoĂtherapie gegen die akuten EntzĂŒndungen behandelt und anschlieĂend entlassen wurde.
Muss ich jetzt bald wieder mit erneut entzĂŒndeten Herden rechnen? Ăber das RIS wurde ich nicht aufgeklĂ€rt, stattdessen wurden bereits Termini verwendet, mit denen ich entweder nichts Konkretes anzufangen wusste oder die mich tiefgreifend verstört haben (natĂŒrlich insbesondere MS). Seitdem ich das Krankenhaus verlassen habe, fĂŒhle ich mich ernsthaft krank. Ich leide nicht nur an sich aktuell intensivierenden psychischen Krankheiten, sondern nun auch unter schmerzhaften Verspannungen, Schmerzen in Kopf, Nacken, Gesicht, Schultern, RĂŒcken, Beinen, Armen, HĂ€nden und FĂŒĂen (vorher alltĂ€glicher Sport und Fitness mĂŒssen nun erstmal pausiert werden), sowie bereits seit einigen Wochen unter (mal mehr oder weniger bis kaum wahrnehmbar) empfindlicher Kopfhaut insbesondere Höhe der SchlĂ€fen (seitengleich). Mich beschleicht die Panik, dass jede einzelne Beschwerde ein MS-Symptom sein könnte. Auch offenbar typische Symptome wie Wortfindungsschwierigkeiten haben sich nun kurz nach dem KH-Aufenthalt zurĂŒckgemeldet (sind mir bereits in der psychosomatischen Klinik begegnet, wenn ich sehr nervös oder explizit emotional belastet war). Sie haben mich zunĂ€chst zurĂŒck in meinen Wohnort begleitet, in dem mich die schwersten Herausforderungen erwartet haben. Sie lieĂen nach einiger Zeit etwas nach aber meist nur in Verbindung mit weniger belastenden Situationen. Aus Perspektive meiner Psychotherapeutin schien dieses Problem nicht beunruhigend zu sein und auch ich habe es im Umgang mit ihr kaum bemerkt. War das ein Irrtum? Ich habe nun das GefĂŒhl meinem Körper absolut nicht mehr trauen zu können: Was kann organischen, was psychogenen Ursprungs sein? Somatisiere ich oder entspringt es meiner hypochondrischen Selbstbeobachtung, die ich derzeit nur schwerlich regulieren kann? Mittlerweile beobachte ich nahezu tĂ€glich meinen Körper sehr akribisch, ĂŒberprĂŒfe, ob ich noch angemessen sprechen und formulieren kann, oder ob ich noch in der Lage bin, problemlos meine bisher immer als komplikationslos wahrgenommene Sehkraft zu nutzen. Ich habe groĂe Angst die aktuellen Beschwerden den Neurologen in der KH-Ambulanz (ein Termin ist erst in 5 Wochen vorgesehen) mitzuteilen, da sie wie bereits erwĂ€hnt die bisherige Diagnose skeptisch zu beĂ€ugen scheinen, ich womöglich sofort mit einer offiziellen MS-Diagnose konfrontiert werden könnte und nun ein Damoklesschwert knapp ĂŒber mir schwebt, das mich glauben lĂ€sst, vielleicht schon seit geraumer Zeit unter MS zu leiden ohne es bemerkt zu haben. Ich fĂŒhle mich furchtbar - nicht zuletzt deswegen, weil ich nicht weiĂ, wie ich den vorlĂ€ufigen Arztbrief verstehen soll (mein sporadisches "Wissen" ist da natĂŒrlich nicht hilfreich) und ich Angst habe, dass die derzeitigen Beschwerden auf neue EntzĂŒndungen hinweisen könnten. Bitte entschuldigen Sie diesen ewig langen Text. Sofern Sie die Geduld und Zeit aufbringen können, mir einige Fragen beantworten und ZusammenhĂ€nge erlĂ€utern zu können, wĂ€re ich Ihnen wirklich ausgesprochen dankbar.
Mit den besten GrĂŒĂen
Rahel
Deine Frage beantwortet
Sehr geehrte Rahel,
es ist jetzt bei Ihnen wichtig, Ordnung in Ihrem Fall zu bringen. Wir Ărzte tun uns schwer, wenn parallel zu organischen ĂŒberlagert psychische Beschwerden mit vorliegen. Hier muss man irgendwie die Dinge voneinander trennen. Ob die Diagnose RIS wirklich richtig ist, hĂ€ngt nĂ€mlich genau von der Zuordnung der klinischen Beschwerden ob. Die elektrophysiologischen Messwerte, die ja zum Teil nicht als unauffĂ€llig befundet wurden, lassen Zweifel an der Diagnose RIS aufkommen. Vielleicht sollten Sie sich in einer Klinik fĂŒr MS vorstellen und alle Ihre Unterlagen und Untersuchungsergebnisse neu bewerten lassen. Es ist in meinen Augen wichtig, frĂŒh eine richtige Diagnose zu stellen, um frĂŒh eine Behandlung einleiten zu können. Selbst wenn sich die Diagnose MS bestĂ€tigen sollte, so ist dies ĂŒberhaupt nicht tragisch, da es heute sehr gute Behandlungsmöglichkeiten.
Mit freundlichen GrĂŒĂen
Die BeitrĂ€ge werden unverĂ€ndert ĂŒbernommen. Es erfolgt keine PrĂŒfung oder Korrektur von Rechtschreibung, Grammatik oder darin getĂ€tigter Aussagen. FĂŒr die Richtigkeit, VollstĂ€ndigkeit und AktualitĂ€t dieser BeitrĂ€ge ĂŒbernimmt die Merck Healthcare Germany GmbH keine Verantwortung.