PatientIn „Marc“ | 04. Juni 2020

Hallo liebes Expertenteam,

ich fing im April 2019 einen neuen Job als Ing. an, in dem ich ca. 8 Std. vor dem PC sitze (davor abwechselnd sitzend- u. laufende Tätigkeit). Allerdings keine Stressbelastung, entspanntes Umfeld. Im September 2019 fingen meine Symptome mit ziehen in beiden großen Zehen an. Schnell kamen Missempfindungen (pelziges Gefühl) in den Fingerspitzen hinzu. In den dann kommenden Wochen bekam ich einen Tinnitus welcher mal sehr präsent war und dann wieder verschwand und wieder kam. Hinzu kam ein Benommenheitsschwindel, der nach längerer Bildschirmarbeit einsetze. Wenn ich dann mit beiden Augen einen Punkt fixiere schwangt mein Kopf leicht aber deutlich wahrnehmbar von links nach rechts. Außerdem bekam ich Nervenschmerzen in beiden Füßen (Nadelstiche, Wärme wird als Schmerz wahrgenommen, Missempfindungen). In den Händen hatte ich neben dem pelzigen Gefühl der Fingerspitzen ein falsches Temperaturempfinden. Also wurde ich im KKh vorstellig. Dort wurde ein Kontrastmittel MRT vom Schädel gemacht, allerdings ohne Nachweis fokaler Marklagerläsionen oder Schrankenstörungen.
Weitere Untersuchungen:

SEP Medianus bds. Normalsbefund

SEP Tibialis normalwertige P40 latenzen (43,1 ms), rechts kein Potenzial ggf. wiederholen (wurde nicht gemacht)

MRT HWS Kein Hinweis auf Myelopathie

VEP Bds. normwertige P100-Latenzen (links 97ms, rechts 98ms) -Normalbefund

Liquor Normalbefund

Nervenleitgeschwindigkeit: Bis auf grenzwertige sensible NLG des N. suralis (rechts): Normalbefund

Restharn Volumen 7 ml, Nebenmilz 1,3 cm

Zusammenfassend: Kein Hinweis auf ein ZNS-Erkrankung

Leider besserten sich meine Symptome (bis auf die Missempfindungen in den Füßen - diese verschwanden allmählich) nicht. Inbesondere der Benommenheitsschwindel welcher insbesondere bei der PC-Arbeit auftritt blieb deutlich präsent. Darauf verschrieb mein Orthopäde Manuelle Therapie der HWS. Leider auch ohne Erfolg.

In den letzten Wochen wurden die Missempfindungen deutlich schlimmer. Die Füsse haben stärkere Temperaturmissempfindungen und "brennen". Teilweise fühlen dich die Beine oder Arme schwach an. Dies hält aber i.d.R. nur ein paar Stunden an oder verschwindet wieder über Nacht. Alle Störungen treten i.d.R synchron in beiden Beinen oder beiden Händen auf. Bei steigender Außentemperatur verschlimmern sich die Symptome meistens.

Allerdings sind alle beschriebenen Symptome nicht permanent vorhanden, sondern bessern sich im liegen/schlafen meistens und verstärken sich tagsüber. Oder sind Wochen oder Tage nicht da, und kommen dann wieder.

Ich bin wirklich ratlos, da ich schon viele Fachgebiete konsultiert habe. Können Verspannungen im HWS Bereich solche Symptome auslösen (HWS-MRT wurde zwei mal durchgeführt - ohne Befund)? Macht es Sinn, noch einmal im KKH vorstellig zu werden und sich erneut auf eine entzündliche ZNS untersuchen zu lassen (also noch einmal MRT, Liquor etc) oder kann die MS mit den im September 2019 durchgeführten Untersuchungen sicher ausgeschlossen werden?

Kann eine Polyneuropathie verantwortlich sein?

Vielen Dank vorab

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Deine Frage beantwortet

Dr. med. Detlev Schneider
Neurologe|05. Juni 2020

Guten Morgen Marc,

Ihre Symptome sprechen nicht für eine Erkrankung des zentralen Nervensystems (insbesondere nicht für eine MS), zumal alle dafür nötigen Untersuchungen unauffällig waren. Die symmetrische und schwankend auftreten Symptomatik könnte für eine Polyneuropathie = einer Erkrankung der kleinen Nervenfasern sprechen. Dabei kann die Neurographie unauffällige Messergebnisse liefern. Man nennt das dann small fiber Neuropathie (eine Sonderform einer Polyneuropathie, https://de.m.wikipedia.org/wiki/Small-Fiber-Neuropathie ). Dazu passt aber garnicht der Beklagte „Benommenheitsschwindel“, den es als Begriff eigentlich garnicht gibt. Unter Schwindel versteht man ein drehen oder schwanken und unter Benommenheit eine Vigilanzminderung = Müdigkeit.

Alles könnte natürlich auch seelische Ursachen haben. Haben Sie Schlafstörungen?

Mit freundlichen Grüßen 

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