PatientIn „Simone“ | 25. Juni 2022

Liebes Expertenteam,

ich bin 40 Jahre alt und hatte seit ich 17 bin immer mal wieder MigrĂ€ne mit Aura. Nicht zu hĂ€ufig und mit Ibuprofen behandelbar. Vor drei Jahren hatte ich dann wieder das GefĂŒhl eine MigrĂ€neaura zu bekommen - ich konnte auf einmal nicht mehr so gut sehen (nicht mehr gut fokussieren, hatte das GefĂŒhl mein Gesichtsfeld war eingeschrĂ€nkt), Kopfschmerzen traten aber kaum auf. Dazu kam aber eine leichte Taubheit im rechten Bein und im linken Arm. Es folgte ein MRT vom Kopf, wenige "weiße Flecken" waren zu sehen. MRT vom RĂŒckenmark war danach unauffĂ€llig. 6-8 Wochen spĂ€ter Lumbalpunktion, ohne Befund. Mittlerweile hatte ich auch im linken Bein eine ganz leichte SchwĂ€che, im linken Gesichtsfeld ums Auge eine leichte Taubheit. Dazu kam eine unheimliche Angst mit Symptomen wie "inneres Vibrieren", Nervenzucken am ganzen Körper wenn ich abends im Bett lag. Das schlimmste: Ich hatte so deutliche kognitive EinschrĂ€nkungen, konnte mich kaum mehr Konzentrieren, kaum mehr fĂŒr meine Kinder und mein GeschĂ€ft da sein. Ich war so unendlich mĂŒde und schwach und konnte mich kaum auf den Beinen halten. MS konnte damals nicht bestĂ€tigt werden - ich war in der Uniklinik Freiburg und der Neurologe meinte, die Symptome seien beinahe zu vielfĂ€ltig fĂŒr eine MS. Aber könnte es nicht sein, dass nur ein Teil der Symptome MS war und ich zusĂ€tzlich einfach mittlerweile Angstsymptome dazu bekam? Meine ambulante Neurologin erwog psychische Probleme. Ich war dann ein paar mal bei einer Psychologin, machte eine ambulante Traumatherapie aufgrund eines einschneidenden Erlebnisses in der Vergangenheit und nach Wochen bildeten sich die Symptome zurĂŒck.

Bis vor zwei Wochen ging es mir gut: Ich dachte wieder ich bekomme MigrĂ€ne - wie angeflogen hatte ich ein wenig Schwindel, ein eingeschrĂ€nktes Sehfeld links, leichte Kopfschmerzen rechts. Ich hatte MĂŒhe zu sprechen (das hatte ich in der Vergangenheit schon einmal wĂ€hrend einer MigrĂ€ne), das hielt ca. 30 Minuten an. Ich sprach manche Worte auch seltsam aus (falsche Endungen oder Buchstaben verdreht). Ich konnte mich nicht mehr konzentrieren, wollte mich mit Nachrichten im TV ablenken und konnte nicht mehr zuordnen, wer denn nun dieser Putin ist. Absurd. Das ging mehrere Stunden so. Mal an der rechten Hand schliefen mir kurz die Finger ein, dann an der linken Hand. Mir war ĂŒbel, ich musste mich aber nicht ĂŒbergeben. Irgendwann spĂ€t abends war die Angst so groß, ich bekam SchĂŒttelfrost und und bin dann irgendwann endlich eingeschlafen. Die Kopfschmerzen waren gar nicht so stark. War das MigrĂ€ne? Auch am nĂ€chsten Tag war ich noch nicht so ganz "bei mir", es ging alles wieder besser, aber ich wusste so normale Dinge nicht, wie z.B. in welchem Jahr meine Tochter geboren ist... Und da war sie dann auch wieder: Die bekannte, fast vergessene SchwĂ€che im rechten Bein. Eine leichte SchwĂ€che in der rechten Hand. Ein paar Tage spĂ€ter war auch das linke Bein wieder betroffen, aber das ging bis heute wieder weg. Seltsam war, dass mir Tage nach der "MigrĂ€ne" stĂ€ndig der linke Arm einschlief, vor allem wenn ich mich bewegte. Das ist nun drei Wochen her. Ich habe es nicht gewagt zum Arzt zu gehen, nehme es mir aber fest vor. Momentan ist da vor allem noch die SchwĂ€che im rechten Bein und so unendlich große Angst. Ich merke, dass ich immer nur noch flach atme, die ZĂ€hne aufeinanderbeiße, bis mir der Kopf weh tut... Was ist mit mir? Denken Sie die AbklĂ€rung der MS stĂŒnde doch noch mal an? Oder ist es doch eher psychisch und ich mĂŒsste mich darum kĂŒmmern... Ich bin nie verunsicherter gewesen.

Bitte verzeihen Sie den so langen Bericht. Ich wollte einfach umfassend beschreiben und wĂ€re so dankbar fĂŒr Ihre EinschĂ€tzung.

Liebe GrĂŒĂŸe,
Simone.

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Deine Frage beantwortet

Carsten Sievers
Neurologe|25. Juni 2022

Hallo Simone,

die ausfĂŒhrliche Schilderung macht die Einordnung leichter. Ihre Beschwerden passen immer noch nicht zu einer MS. Gut passen sie zu MigrĂ€ne mit anschließender Angst. Die Formulierung auf die Befunde "MS konnte nicht nachgewiesen werden" möchte ich in "konnte ausgeschlossen werden" Ă€ndern. Ihre Angststörung scheint mir nicht ausreichend behandelt zu sein. Eine kognitive Verhaltenstherapie, falls nötig mit medikamentöser UnterstĂŒtzung könnte passen.

Mfg

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