PatientIn „Leon“ | 28. MĂ€rz 2024

Guten Tag,

ich habe seit ca. zwei Wochen TaubheitsgefĂŒhle in HĂ€nden und FĂŒĂŸen, leichte SchwĂ€che / Steifheit in den Beinen, leichte Kopfschmerzen (ein DruckgefĂŒhl) und Schwindel / Benommenheit. Die GefĂŒhle sind diffus und wechselnder IntensitĂ€t. Der Schwindel ist tendenziell zurĂŒckgegangen. Die Blutwerte sind so weit normal, ebenso waren die NLG-Messungen an den Beinen relativ kurz nach Symptombeginn unauffĂ€llig (die Nervenleitgeschwindigkeiten einiger sensorischer Nerven sind wohl etwas unter dem Normbereich, dazu gleich mehr). Die Arme schlafen nachts bzw. morgens sehr hĂ€ufig sein.

UngefĂ€hr zu gleichen Zeit letztes Jahr (Anfang April) hatte ich schon einmal eine Episode dieser Art. Insbesondere hĂŒftabwĂ€rts haben sich beide Beine komisch angefĂŒhlt, es traten beidseitig Taubheits- und Heiß-/Kalt-GefĂŒhle auf, der Gang war etwas unsicher und ich konnte auch Wochen nach dieser Episode nicht so lange stehen, ohne Schmerzen in den Beinen zu bekommen. Im Laufe des Jahres sind die Symptome abgeklungen und ich habe mich vollstĂ€ndig erholt.

Damals war ich im Urlaub in Griechenland und dachte, das alles wĂ€re eher psychosomatisch - dennoch bin ich nach einigen Tagen ins dortige Krankenhaus, weil ich zu sehr beunruhigt war. Die Ärzte dort haben mich dann mit der Diagnose GBS 10 Tage dort behalten und mit IVIG therapiert. Die Diagnose wurde jedoch lediglich auf auffĂ€llige NLG-Messungen (auffĂ€llige F-Wellen und Nervenleitgeschwindigkeiten unter Normbereich) und die von mir beschriebene Symptomatik gestĂŒtzt. Liquor- und Blutuntersuchungen gaben keine spezifischen Hinweise auf GBS. Insbesondere die Symptomatik war mMn eher GBS-untypisch, weil keine langsam nach oben wandernden LĂ€hmungen auftraten, sondern die Symptome Ă€hnlich diffus waren wie jetzt. Gegen GBS spricht außerdem. dass sich die Symptome nun wiederholen.

Inzwischen bin ich besorgt, dass es sich um MS handeln könnte, da die Symptome jetzt zum zweiten Mal "schubweise" auftreten. Ich bin 30 Jahre alt und habe Psoriasis und somit ggf. auch ein leicht erhöhtes Risiko, an MS zu erkranken (?). Meine konkrete Frage an dieser Stelle wĂ€re wohl, ob Sie ein MRT des SchĂ€dels fĂŒr sinnvoll halten, um diese Möglichkeit auszuschließen?

Mein behandelnder Neurologe ist der Ansicht, dass ich mich einfach nur in meine Symptomatik hineinsteigere und die Symptome ggf. aufgrund eines geschwÀchten Immunsystems wieder aufflammten (bzw. hatte ich ihm diese Interpretation selbst bereits in einer Frage nahe gelegt, da ich zum Zeitpunkt des Wieder-Aufflammens der Symptome auch Lippenherpes hatte. Das ist jetzt aber fast 2 Wochen her und die Symptome immer noch da).

Ich versuche, differenziert ĂŒber meine Symptome nachzudenken, und natĂŒrlich ist es schwer, KörpergefĂŒhle noch richtig einordnen zu können, wenn man plötzlich jedes Kribbeln hinterfragt. Zumindest die Taubheit an den HĂ€nden und FĂŒĂŸen wĂŒrde ich objektiv bejahen wollen, da es sich hier zum Teil doch sehr "pelzig" anfĂŒhlt. Der Neurologe meint, dass bei MS auch die ersten SchĂŒbe sehr viel klarere Symptome hervorrufen wĂŒrden (bspw. auf einem Auge blind, etc.).

Profilbild des Experten

Deine Frage beantwortet

Dr. med. Detlev Schneider
Neurologe|30. MĂ€rz 2024

Sehr geehrter Leon,

zunĂ€chst einmal haben Menschen mit einer Psoriasis kein erhöhtes Risiko, an einer MS zu erkranken. Wenn man zeitgleich an derart vielen unterschiedlichen Stellen des Nervensystems Defizite beklagt, muss man sich fragen, ob dies wirklich alles organisch zu erklĂ€ren ist. Ihr Neurologe hat da völlig recht. Die Diagnose eines GBS ohne LiquorverĂ€nderungen ist schon merkwĂŒrdig und die Therapie mit Immunglobulinen erst recht. Bestand ein ReflexabschwĂ€chung ? Wie auch immer sollte eine ausfĂŒhrliche AbklĂ€rung erfolgen, um nicht wieder in eine Situation zu geraten, wo man eine Behandlung beginnt, ohne dass eine klare Diagnose vorliegt. Hierzu zĂ€hlt: neurologischer Befund, SEP, VEP, MEP, eine erneute Liquorpunktion mit OKBÂŽs/MRZ-Reaktion und vielen anderen Parametern zur differentialdiagnostischen Abgrenzung und ein MRT des ZNS. Ob man dabei das gesamten RĂŒckenmark untersucht, mĂŒssen die Ärzte vor Ort entscheiden. Sollten alle Untersuchungen unauffĂ€llig sein, so kann/sollte man die Symptome als somatoforme Störung einordnen und entsprechend behandeln.

Mit freundlichen GrĂŒĂŸen

PatientIn „Leon“ | 29. MĂ€rz 2024

Hallo Herr Dr. Schneider,

danke fĂŒr Ihre schnelle Antwort. Vielleicht noch ergĂ€nzend dazu: Der ASR war damals (bei der GBS Diagnose) gar nicht zu bekommen, andere Reflexe eher schwach. Die Diagnose erfolgte letztlich auf Basis von zwei NLGs in einem Abstand von 3 Tagen, wobei sich die Befunde der zweiten NLG verschlechtert haben (was die Ärzte mit einer Progression des GBS begrĂŒndeten). Es wurden Nervenleitgeschwindigkeit im Bereich 20-30m/s gemessen.

Viele GrĂŒĂŸe

Profilbild des Experten

Deine Frage beantwortet

Dr. med. Detlev Schneider
Neurologe|30. MĂ€rz 2024

Sehr geehrter Leon,

nur ganz kurz nochmal zu Ihren Angaben: zu einem akuten GBS passt nicht eine red. NLG. Die akute Form der Erkrankung spielt sich an den Nervenwurzeln ab. Die Peripherie kommt erst viel spÀter im Verlauf dazu. Was auch immer vorlag. Zweifel an einem akuten GBS bleiben.

MFG

Die BeitrĂ€ge werden unverĂ€ndert ĂŒbernommen. Es erfolgt keine PrĂŒfung oder Korrektur von Rechtschreibung, Grammatik oder darin getĂ€tigter Aussagen. FĂŒr die Richtigkeit, VollstĂ€ndigkeit und AktualitĂ€t dieser BeitrĂ€ge ĂŒbernimmt die Merck Healthcare Germany GmbH keine Verantwortung.