Eine MRT-Untersuchung fĂĽhrte bereits in jungen Jahren zur Verdachtsdiagnose MS

Wann hast Du Deine Diagnose erhalten und wie kam es dazu?

Ich habe meine Diagnose 2006 bekommen, mit gerade mal 17 Jahren. Das war wie ein Schlag für mich. Zu der Zeit hatte ich eine steife Halswirbelsäule und immer, wenn ich den Kopf nach unten bewegt habe, fühlte sich mein rechter Arm wie eingeschlafen an. Meine Mama hat damals in der Neurochirurgie gearbeitet und mich davon überzeugt, zum Arzt zu gehen. Ich kann mich noch an die Worte erinnern: „Ach komm, wir lassen ein MRT machen, da wird schon nichts Gravierendes sein.“ Das hat sich im Nachhinein als Irrtum rausgestellt.

In diesem ersten MRT haben sich schon Vernarbungen im Nervengewebe in meinem Rückenmark gezeigt. Die Ärzte haben sich jedoch schwergetan, uns ohne weitere Untersuchungen die Verdachtsdiagnose mitzuteilen. Aber meine Mama hat darauf bestanden. Und so kam es dann raus, dass bei mir MS vermutet wurde. Das hat meine Mama zum Weinen gebracht. Ich selbst konnte mit MS nichts anfangen, habe mich aber nach der Reaktion von meiner Mama gefragt, ob ich jetzt sterbenskrank bin und was jetzt mit mir passiert. Nach diesem Gespräch sind wir zu meinen Großeltern gefahren, die genauso reagiert haben. Und erst danach wurde ich von meiner Familie aufgeklärt, was MS ist, und was passieren kann.

Letztendlich wurde der Verdacht durch eine Lumbalpunktion bestätigt.

Kopf- und Halswirbelsäulen-MRT bei MS: So empfindet Kim die Untersuchung

Wie waren Deine Erfahrungen mit der ersten MRT-Untersuchung?

Meine erste MRT empfand ich aufgrund meiner Platzangst als nicht besonders angenehm. Ich habe das Gerät gesehen und nur gedacht: „Du lieber Himmel, da soll ich jetzt rein? Das ist viel zu eng!“ Die ganze Untersuchung hat vielleicht eine halbe Stunde gedauert, aber mir kam es wie eine Ewigkeit vor. Ich hatte kein Zeitgefühl währenddessen und habe nur dagelegen und gehofft, dass es bald vorbei ist. Dafür ging die Auswertung sehr schnell. Ich bin quasi aus der Maschine raus und rein in das Besprechungszimmer.

Wie erging es Dir danach bei Deinen weiteren MRT-Untersuchungen?

Besser. Nach dieser MRT der Halswirbelsäule hatte ich auch meine Kopf-MRT. Da war mir beim ersten Mal auch mulmig zumute. Es verlief aber besser als gedacht. Beim Kopf-MRT bekommt man eine Art massives Gitter um den Kopf (Anmerkung der Redaktion: Dabei handelt es sich um eine sogenannte Kopf-MRT-Spule, die der Signalverstärkung dient.), dann wird der Kopf auf Höhe der Ohren stabilisiert und man bekommt, wie bei jeder MRT, Kopfhörer aufgesetzt. Ich muss sagen, dass ich wirklich Angst davor hatte, zusätzlich zur Enge der Röhre auch noch eine Apparatur um den Kopf herum zu bekommen. Dann hat das MRT-Team aber etwas wirklich Cooles gemacht: Sie haben mir einen Spiegel auf dieses Gitter gesetzt. Dadurch konnte ich sehen, was außerhalb des Gerätes passiert und musste nicht nur stumpf, im wahrsten Sinne des Wortes, in die Röhre gucken. Ab da fiel mir die Untersuchung deutlich leichter.

Wie oft musst Du aktuell zur MRT-Untersuchung?

Die muss ich alle 1,5 Jahre machen lassen. Darauf habe ich mich mit meinem Neurologen verständigt, da ich wenig Beschwerden habe und der Kontrastmitteleinsatz auf ein Minimum reduziert werden sollte. Bis jetzt musste dieser Rhythmus auch nicht angepasst werden.

Hast Du Dich mittlerweile denn an die MRT-Untersuchungen gewöhnt?

Ich würde sagen, dass es mir mit der Zeit leichter fällt. Ich achte aber auch darauf, dass ich es für mich so wenig umständlich wie möglich mache. Zum einen gehe ich immer in ein festes Zentrum, unter anderem weil dort ein Schädel- und Wirbelsäulen-MRT zeitgleich gemacht werden kann. Und ich habe dadurch zum anderen ein Gefühl der Routine entwickelt. Weil es eben immer das Gleiche in bestimmten Zeitabständen ist.

Wie sieht eine Routineuntersuchung bei Dir aus?

Nach der Anmeldung bekomme ich einen Informations- und Fragebogen zum AusfĂĽllen. Da muss ich dann unter anderem angeben, ob ich irgendwelche Metallimplantate oder Tattoos habe.

Nach dem Aufrufen muss ich in eine Kabine und alles, was irgendwie Metall enthalten könnte, ablegen, d. h. alle Ketten, Armbänder oder die Brille. Meistens ist es dann so, dass vor der eigentlichen Untersuchung noch ein Aufklärungsgespräch mit dem Arzt stattfindet. Er erklärt mir dann auch, ob und wieso ein Kontrastmittel eingesetzt wird. Wenn eines eingesetzt werden soll, legt der Arzt mir auch gleich die entsprechende Kanüle, über die ich dann das Kontrastmittel bekomme. Danach begleitet mich eine Schwester in den eigentlichen MRT-Raum und ich lege mich auf die Liege. Wenn sichergestellt ist, dass ich eine bequeme Position eingenommen habe, bekomme ich noch die Notfallklingel in die Hand. Mit ihr kann ich trotz des lauten Gerätes Hilfe rufen. Wegen der hohen Lautstärke bekomme ich geräuschunterdrückende Kopfhörer aufgesetzt, über die das Team auch mit mir kommunizieren und mir z. B. sagen kann, wann das Kontrastmittel gespritzt wird, damit ich mich nicht erschrecke.

Erst nachdem das alles geklärt ist, werde ich in die Röhre gefahren. Um die Untersuchungszeit zu überbrücken, habe ich einen kleinen Trick für mich entwickelt. Ich suche mir ein Lied aus, das ich im Kopf vor mich hin singe. Dadurch vergeht die Zeit etwas schneller und ich nehme das MRT-Geräusch weniger wahr. Zwischendurch bekomme ich aber auch immer wieder mit, dass jemand reinkommt und nach dem Rechten schaut. Nach der Untersuchung bekomme ich die Nadel gezogen und dann geht es in der Regel auch schon direkt zum Auswertungsgespräch.

Gibt es bei Dir Ängste oder Bedenken, dass bei einer Kontrolluntersuchung ein Fortschreiten der MS entdeckt wird? Wie gehst Du damit um?

Anfangs hatte ich immer Angst. Mir ging ständig durch den Kopf, was ich denn machen soll, wenn etwas Neues entdeckt wird und wie ich damit umgehen soll. Es klingt banal, aber damals und heute hilft es mir, mich vor der Untersuchung abzulenken. Im Wartezimmer sitze ich zum Beispiel da und schaue mir die Leute an, die mit mir warten. Aber je öfter ich beim MRT bin und je öfter ich mit einem guten Ergebnis rausgehe, desto weniger werden diese Ängste.

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Kim (34): „Hört nur auf Euren eigenen Körper!“

Du warst noch sehr jung, als bei Dir MS diagnostiziert wurde. Wenn Du an die Zeit nach der Diagnosestellung zurĂĽckdenkst, wie erging es Dir damals?

Ich sag es mal so: Mit 17 war mir die MS egal. In dem Alter wollte ich mich nicht mit der Erkrankung auseinandersetzen. Ich habe mir gedacht: „Du hast es jetzt und du kannst nichts daran ändern, dann ist es eben so.“ Zurückblickend weiß ich, dass es mir aber alles andere als egal war. Das, was ich als Gleichgültigkeit empfunden habe, war Angst, Unsicherheit und Verdrängung. Und das hatte Folgen. Für meine Psyche und mein Sozialleben.

Meine Freunde haben mir damals sehr geholfen. Sie haben mich immer wieder ermuntert, ein normales Leben zu fĂĽhren. Bis es irgendwann zu mir durchgedrungen ist, dass sie mich nach der Diagnose nicht anders behandelten als vorher. Danach fing es Schritt fĂĽr Schritt an, dass ich wieder Interessen entwickelt habe und aktiver wurde. Generell muss ich sagen, dass mich mein Umfeld immer unterstĂĽtzt hat. 2015 war ich das erste Mal bei einer Reha und diese 6 Wochen waren unglaublich hilfreich fĂĽr mich. Der Austausch hat mir geholfen, mit der MS besser zurecht zu kommen und Menschen kennenzulernen, die mir Mut gemacht haben.

Du hast mittlerweile fast 20 Jahre Erfahrung mit der MS. Was wĂĽrdest Du anderen Betroffenen raten?

Ihr Lieben, insbesondere direkt nach der Diagnose, lasst die Finger von den Suchmaschinen. Das kann Euch unglaublich verunsichern! Wendet Euch mit Euren Fragen direkt an einen Arzt. Und lasst Euch auch nicht von anderen MS-Betroffenen beirren. Es gibt so viele verschiedene MS-Verläufe, deshalb hört nur auf Euren eigenen Körper. Das kann den Kontrollverlust, den man bei einer Autoimmunerkrankung wie MS verspüren kann, reduzieren. Für mich heißt das zum Beispiel, dass ich nicht erst abwarte, ob ein Symptom von selbst wieder verschwindet. Ich gehe lieber gleich zum Arzt, sobald ich feststelle, dass etwas nicht stimmt. So kann ich für mich selbst aktiv eventuellen Beeinträchtigungen entgegenwirken.

Danke, Kim, dass Du Deine Erfahrungen mit uns geteilt hast.

Wenn auch Du über Deine Erlebnisse, Deine Erfahrungen, Deinen Umgang und allgemein Dein Leben mit MS sprechen möchtest, um anderen Betroffenen damit Mut zu machen, dann kontaktiere uns unbedingt, z. B. über Facebook und Instagram. Wir freuen uns auf Dich!

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