Besser etwas tun bei Stress und MS – Im Gespräch mit einem Experten im Bereich Yoga bei MS

Viele Menschen haben das Gefühl durch äußere Einflüsse und übermäßigen Stress überreizt zu sein. Diese Überflutung mit Eindrücken führt dazu, dass wir häufig den Fokus auf das Wesentliche verlieren. Für den Dalai Lama bedeutet das Wort „Achtsamkeit“, sich geistig zu sammeln und sich auf seine innere Motivation zu besinnen.

Unser heutiger Gesprächspartner, Mag. Roman Bayer sagt dazu: „Wir sollen ganz bei unserem Tun verweilen, ohne uns ablenken zu lassen. Es geht um das bewusste Leben im Moment“. Er muss es wissen, denn er ist Sportwissenschaftler an der Universität Salzburg, selbstständig als Personal Trainer mit seiner Firma Fitnesskultur, Inhaber der Ausbildungsinitiative EURO EDUCATION, Buchautor und Experte im Bereich Yoga bei MS. Wir haben ihn zu den Themen Achtsamkeit und Yoga befragt.

Bewusste Atmung bei Multipler Sklerose – Die positive Wirkung von Achtsamkeit

Was bedeutet „Achtsamkeit“ im Yoga?

Im Yoga bedeutet Achtsamkeit, sich ganz auf das Üben zu konzentrieren. Die einzelnen Asanas, wie die Übungen im Yoga bezeichnet werden, sollen möglichst bewusst ausgeführt werden. Man richtet die Aufmerksamkeit in das Körperinnere und versucht äußere Einflüsse auszublenden. Die Atmung kann dabei helfen, die Konzentration zu steigern und sich auf das Ausführen der jeweiligen Asanas zu fokussieren.

Wie kann die Atmung dazu beitragen, achtsamer zu werden?

Durch eine bewusste, tiefe und langsame Atmung können wir zur Ruhe kommen. Die Herzfrequenz sinkt, der Körper sowie der Geist beruhigen sich und es ist dadurch möglich, Stress zu reduzieren und sich gleichzeitig auf das Wesentliche zu konzentrieren. Im Yoga sind das die einzelnen Übungen oder die Meditation. Aber auch im Leben macht es Sinn, sich immer mal wieder kurz Zeit zu nehmen, um durchzuatmen. Das hilft, um seine Gedanken neu zu ordnen und frische Energie zu tanken.

Können MS-Patienten im Speziellen von einer bewussten Atmung profitieren?

Ja, insbesondere für MS-Patienten ist die bewusste Atmung sehr hilfreich, um gewissen Symptomen wie Spastik, Ataxie und Fatigue entgegenzuwirken. Besonders bei kognitiven Symptomen kann es zu starken Verbesserungen, beispielsweise der Konzentration und Aufmerksamkeit, kommen.

Können Sie uns eine spezielle Atemübung aus dem Yoga verraten, die man im Alltag jederzeit machen kann?

In der Yogapraxis gibt es die sogenannte „Ujjayi Atmung“. Diese Form der Yogaatmung kann akut die Herzfrequenz senken, das Lungenvolumen erhöhen und hilft den Körper und Geist in Balance zu halten. Probieren wir es doch gleich einmal gemeinsam aus.

Bewusste Atemübung für den Alltag – Die Ujiayi Atmung

  • Begeben Sie sich in eine angenehme sitzende Position, der Oberkörper ist aufrecht. Schließen Sie ihre Augen.
  • Atmen Sie langsam und vollständig durch die Nase ein.
  • Nun, noch etwas langsamer über die Nase vollständig ausatmen.
  • Der Atem wird dabei auf Höhe des Kehlkopfes gesteuert.
  • Dabei darf/sollte ein leichtes Geräusch gemacht werden.
  • Die Zunge liegt sanft auf dem Gaumen auf.
  • Es kann helfen, wenn man sich vorstellt, man hauche die Luft bei geschlossenem Mund langsam aus.
  • Nehmen Sie jeweils 5 langsame, intensive Atemzüge und machen Sie danach eine kurze Pause. Sie können diese Übung gerne mehrmals am Tag wiederholen.
Atmung

Mit Yoga zu mehr Balance und Entspannung bei MS

Warum ist gerade Yoga so gut geeignet, um mehr Achtsamkeit in unser Leben zu bringen?

Yoga hat neben seinen vielfältig positiven Effekten auf den Körper auch für den Geist eine überaus belebende, aber auch beruhigende Wirkung. Durch eine Vielzahl an Einflüssen können positive und negative Gedanken im Gehirn aus dem Gleichgewicht geraten. Das regelmäßige Üben hilft, die innere und äußere Ausgeglichenheit zu verbessern und die natürlichen Abwehrkräfte anzuregen. Die Einfachheit und Stille der Gedanken können wiederhergestellt werden und ein Gefühl der Ruhe und Achtsamkeit stellt sich durch das Üben der Asanas in Verbindung mit einer bewussten Atmung ein. Eine Vielzahl an Übungen hilft dabei, den Geist wieder in seine natürliche Balance zu bringen. Probieren Sie es am besten gleich selbst aus.

Yoga und MS? Das geht, also ab auf die Matte

Da es viel besser ist, die Dinge nicht nur zu hören, sondern sie gleich auszuprobieren, hier nun ein paar Yogaübungen für mehr Ruhe und Achtsamkeit im Leben. Roman Bayer präsentiert jedes Asana in einer einfachen Grundform und zeigt dann jeweils noch eine fortgeschrittenere Variante davon. Fangt am besten mit der einfachen Durchführung an und versucht Euch danach, wenn es Euch möglich ist und Ihr euch damit wohlfühlt, an der Variante.

1. Die Brücke:

Ausgangsposition: Rückenlage

Durchführung – einfach:

  • Beugen Sie die Knie und stellen Sie die Füße auf dem Boden auf
  • Legen Sie die Arme neben dem Körper am Boden ab
  • Platzieren Sie die Handflächen auf der Matte
  • Heben Sie das Gesäß langsam vom Boden ab
  • Halten Sie diese Position für 3-6 Atemzüge
Brucke1

Variante:

Durchführung – fortgeschritten:

  • Beugen Sie die Knie und stellen Sie die Füße auf dem Boden auf
  • Legen Sie die Arme neben dem Körper am Boden ab
  • Platzieren Sie die Handflächen auf der Matte
  • Heben Sie das Gesäß langsam vom Boden ab
  • Strecken Sie ein Bein in der Länge nach oben Richtung Decke aus
  • Halten Sie diese Position für 3-6 Atemzüge
Brucke2

2. Gleichgewichtsposition mit Rotation

Ausgangsposition: Aufrechter Stand

Durchführung – einfach:

  • Platzieren Sie einen Fuß genau vor dem anderen, sodass sie eine gerade Linie bilden
  • Falten Sie die Hände vor dem Brustbein
  • Rotieren Sie den Oberkörper in die Seite des vorderen Beins
  • Atmen Sie bewusst für 3-6 Atemzüge und versuche dabei die eingeatmete Luft Richtung Herz zu lenken
Gleichgewicht1

Variante:

Durchführung – fortgeschritten:

  • Ein Bein ist das Standbein – heben Sie das andere vom Boden ab und winkeln Sie es im Kniegelenk an
  • Rotieren Sie mit dem Oberkörper in die Seite des angehobenen Beins
  • Strecken Sie einen Arm auf Schulterhöhe nach hinten aus
  • Ihr Blick geht an der ausgestreckten Hand entlang nach hinten
Gleichgewicht2

3. Der Krieger 2

Ausgangsposition: Ausfallschritt

Durchführung – einfach

  • Ihr hinterer Fuß steht um 90 Grad gedreht zum vorderen
  • Vorderes und hinteres Bein sind gestreckt
  • Beide Arme sind nach vorne und hinten ausgestreckt
  • Ihr Blick ist nach vorne gerichtet
  • Atmen Sie ruhig und gleichmäßig für 3-6 Atemzüge
Krieger Einfach

Variante:

Durchführung – fortgeschritten:

  • Ihr hinterer Fuß steht um 90 Grad gedreht zum vorderen
  • Vorderes Bein ist gebeugt – nehmen Sie eine kraftvolle, tiefe Position ein.
  • Ihr hinteres Bein ist gestreckt
  • Die Arme sind nach vorne und hinten ausgestreckt
  • Ihr Blick ist nach vorne gerichtet
  • Atmen Sie ruhig und gleichmäßig für 3-6 Atemzüge
Krieger2

Euch allen jetzt viel Spaß beim Üben und vielen Dank an Roman Bayer für das Gespräch, die Einsichten und vor allem natürlich auch den praktischen Teil.

Wie fandet Ihr die Übungen? Habt Ihr sie ausprobiert? Und hilft Euch Yoga für Euer Wohlbefinden? Sagt es uns gerne bei Facebook und Instagram.

Achtet auf Euch – Namaste!


DE-NONNI-00346, 01/23