Was passierte dann?
Mein Sohn zog im Alter von 19 Jahren mit seiner Freundin
zusammen. Heute ist er 24 und hat eine eigene Familie. Plötzlich lebte ich
allein und bin in ein tiefes Loch gefallen – wahrscheinlich auch, weil die Zeit
während der Herzbehandlung so prägend war. Ich hatte so viel Verantwortung,
dass es mir schwerfiel, loszulassen und ab sofort an mich zu denken. Ich habe
mir dann echte Sinnfragen gestellt. Was mache ich denn jetzt? Was will ich, und
wer bin ich überhaupt? Da habe ich zum ersten Mal Symptome bemerkt, die ich
seltsam fand. Heute glaube ich, durch dieses Loslassen haben sich Symptome
gezeigt, die vielleicht schon 20 Jahre da waren. Ich habe die immer ignoriert,
ich hatte genug zu tun mit meinem Sohn und meinem Herzen.
Ich wurde aufgrund einer schweren Depression drei
Monate stationär untergebracht. Dort habe ich dann gespürt, dass etwas mit
meinem Gehirn nicht in Ordnung ist. Ich habe gespürt: das bin nicht ich. Das ist
nicht einfach nur Trauer, das ist etwas Fremdes. Ich wollte ein MRT machen
lassen, was mir aufgrund meiner Herzschrittmacherabhängigkeit verweigert wurde.
Es wurde also ein CT gemacht, auf dem angeblich nichts zu sehen war. Mir wurde
vermittelt, meine Symptome sind psychosomatisch und gehen auf die Trauer
zurück. Das war die Hölle für mich, und es hat mein Vertrauen in Ärzte
erschüttert. So habe ich mich in Therapie begeben, und die folgenden zwei Jahre
wurde ausschließlich meine Psyche behandelt. Es dauerte, bis ich wieder richtig
fühlen konnte. Ich glaube, wenn ich keinen so starken Überlebenswillen gehabt
hätte, wäre ich daran zerbrochen. Mit meiner Therapeutin arbeite ich heute noch
zusammen. Mit ihr hatte ich großes Glück. 2018 habe ich meinen Partner
kennengelernt. Eine Zeit lief es wirklich gut bei mir. Doch dann kam die MS.