Wusstest Du, dass Depressionen zu den sogenannten „unsichtbaren Symptomen“ einer MS zählen? Denn ebenso wie beispielsweise kognitive Einschränkungen oder Fatigue sieht man die Erkrankung niemandem an. Mehr zu dem Thema findest du in der Broschüre „Multiple Sklerose: Unsichtbare Symptome. Was andere nicht bemerken.“
Eins vorweg: Eine Depression ist eine anerkannte Erkrankung des Gehirns, für die sich niemand schämen muss. Und ebenso wie andere Erkrankungen, wie beispielsweise Diabetes oder Multiple Sklerose, lässt sich auch eine Depression nicht durch gutes Zureden vertreiben. Wohlgemeinte Ratschläge des Umfelds – wie zum Beispiel „denk positiv“ oder „geh doch mal wieder unter Leute“ – helfen in diesem Fall nicht weiter. Hier ist ein Experte gefragt. Daher sollten sich Betroffene professionelle Hilfe suchen. Denn das ist die gute Nachricht: Mit ärztlicher Hilfe ist eine Depression gut behandelbar.
Volkskrankheit Depression: Was ist die Ursache?
Depressionen zählen weltweit zu den häufigsten Volkskrankheiten – und sind auch hierzulande stärker verbreitet, als manch einer denkt: Studien zeigen, dass rund 15 Prozent der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens an einer Depression erkranken. Die Frage nach der Ursache der Depression lässt sich so leicht nicht beantworten – wahrscheinlich handelt es sich um ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Einige sind erblich, andere durch unsere (soziale) Umwelt bedingt. Zu diesen Faktoren zählen beispielsweise:
- eine genetische Veranlagung
- ein Ungleichgewicht bestimmter Botenstoffe im Gehirn
- psychische Faktoren beziehungsweise belastende Lebensumstände, die anhaltenden Stress verursachen. Dazu können unter anderem Überforderung im Job oder auch in der Familie zählen – ausgelöst beispielsweise durch die Pflege von Angehörigen. Ebenso kann Einsamkeit ein Risikofaktor für eine Depression sein
- bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, beispielsweise mangelndes Selbstvertrauen
- traumatische Ereignisse, wie der Verlust eines nahestehenden Menschen
Was sind mögliche Symptome der Erkrankung?
Eine Depression kann sich sowohl durch psychische als auch durch körperliche Symptome bemerkbar machen. Welche Beschwerden im individuellen Fall auftauchen, ist von Person zu Person unterschiedlich. Experten unterscheiden zwischen Hauptsymptomen und Zusatzsymptomen der Depression.
Zu den Hauptsymptomen einer Depression zählen:
- anhaltende deutlich gedrĂĽckte Stimmung
- Verlust an Freude und Interesse an Dingen, die frĂĽher SpaĂź gemacht haben
- Antriebsmangel und hohe ErmĂĽdbarkeit
Zu den Zusatzsymptomen der Depression gehören unter anderem:
- ausgeprägte Müdigkeit
- Hoffnungslosigkeit
- Motivationsverlust
- Konzentrationsprobleme
- Schlafstörungen
- Verlust von SelbstwertgefĂĽhl und Selbstvertrauen
- GefĂĽhl der Wertlosigkeit
- Appetitmangel
- Suizidgedanken
- Pessimistische Zukunftsvorstellungen
Multiple Sklerose und Depression: Welchen Zusammenhang gibt es?
Menschen mit MS sind stärker als Gesunde gefährdet, im Laufe ihres Lebens eine Depression zu entwickeln. Das Risiko für eine schwere Depression liegt bei etwa 50 Prozent. Rechnet man weniger schwere Verläufe mit ein, steigt das Risiko auf 70 Prozent. Auch dies hat mehrere Gründe
- Viele der Beeinträchtigungen, die MS-Betroffene aufgrund ihrer Erkrankung erleben, können zu psychischen Belastungen führen. Dazu zählt zum einen der chronische Krankheitsstress – insbesondere die Unsicherheit, nicht zu wissen, wie die Krankheit verlaufen wird.
- Auch neu auftretende MS-Symptome können die Situation verschärfen.
- Im MRT sichtbare Läsionen im Bereich des Großhirns können Gefühle und Stimmung ebenfalls beeinflussen.
Therapie der Depression: Jetzt ist der Arzt gefragt!
Leider ist die Diagnose Depression insbesondere bei MS-Patienten auch fĂĽr Ă„rzte nicht immer so einfach: Es besteht die Gefahr, die Symptome der Depression mit denen einen MS-typischen Fatigue zu verwechseln. Betroffene fĂĽhlen sich energielos und dauerhaft erschöpft – sowohl körperlich als auch kognitiv.Â
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Daher gilt: MS-Patienten, die oben genannte Symptome bei sich feststellen, sollten ihren Hausarzt oder behandelnden Facharzt um Rat fragen. Zur Behandlung der Depressionen stehen mehrere Optionen zur Verfügung. Die Therapie richtetet sich unter anderem nach der Schwere der Depression und dem bisherigen Krankheitsverlauf. So kommen in der Regel Psychotherapie oder Medikamente zum Einsatz – oder eine Kombination beider Maßnahmen.
Werde aktiv! So kann Sport Dir helfen
Eine ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung ist bei einer Depression in der Regel unerlässlich. Doch daneben können Betroffene auch selbst dazu beitragen, dass es ihnen besser geht. Möglich ist dies zum Beispiel mithilfe körperlicher Aktivität. Studien zeigen: Die Wirkung von regelmäßigem Sport ist für Depressive vergleichbar mit einer medikamentösen oder psychotherapeutischen Behandlung – vorausgesetzt, dass die Teilnehmer ihr Bewegungsprogramm auch durchhalten. Denn die Bewegung lässt den Spiegel des „Glückshormons“ Serotonin steigen und begünstigt das Wachstum neuer Nervenzellen in Teilen des Gehirns.
MS und Depression: Tipps fĂĽr Betroffene
An dieser Stelle möchten wir die wichtigsten Regeln und Tipps für den Umgang mit der Depression noch einmal zusammenfassen. Falls auch Du von einer Depression betroffen bist, darfst Du eins nicht vergessen: Du bist ihr nicht hilflos ausgeliefert!
- Schäme Dich nicht für die Depression – es handelt sich um eine anerkannte Erkrankung, nicht um ein Zeichen von Schwäche!
- Hole Dir professionelle Hilfe beim Arzt und/oder bei einem Psychologen. Depressionen sind in der Regel gut zu behandeln.
- Schließe Dich einer Selbsthilfegruppe an. Der Austausch mit Menschen, die ebenfalls von einer Depression betroffen sind, kann eine wertvolle Ergänzung zur Therapie sein.
- Achte darauf, dass Du auch in Phasen, in denen es dir aufgrund der Depression besonders schlecht geht, Deine MS-Medikamente – und gegebenenfalls verschriebene Antidepressiva – wie vom Arzt verschrieben einnimmst. Bitte bei Bedarf Deine Familie oder Deine Freude, dich an die regelmäßige Einnahme zu erinner
- Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, autogenes Training oder Yoga können dabei helfen, mit alltäglichem Stress besser umzugehen. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass diese Verfahren zur Linderung einer leichten bis mittelschweren Depression beitragen können.
- Bring Bewegung in Deinen Alltag und verlege Deine sportliche Aktivität (moderate Anstrengung) bestenfalls bei Tageslicht an die frische Luft. Das natürliche Sonnenlicht kann die Ausschüttung des „Schlafhormons“ Melatonin hemmen, das uns müde macht.
- Pflege den Kontakt zu Deinem sozialen Umfeld. Häufig neigen Menschen mit Depressionen dazu, sich von ihrem Freundes- und Bekanntenkreis zurückzuziehen. Dieser kann jedoch gerade jetzt eine wichtige Stütze sein.
- Bringe Struktur in Deinen Alltag, indem Du Dir zum Beispiel einen Tagesplan mit wichtigen Ankerpunkten machst. Dazu gehört unter anderem das Aufstehen zu einer festen Uhrzeit, die Vorbereitung und das Genießen von Mahlzeiten, die Einnahme von Medikamenten – und natürlich Zeit für Hobbys und angenehme Aktivitäten.
Depression? Hier findest du Hilfe!
Weitere Informationen zur Erkrankung sowie zu vielfältigen Hilfsangeboten findest du unter anderem bei der Deutschen DepressionsLiga e.V. unter www.depressionsliga.de, sowie bei der gemeinnützigen Stiftung Deutsche Depressionshilfe unter www.deutsche-depressionshilfe.de.