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Das war 2001. Ich habe die Diagnose relativ zeitnah nach Auftreten der ersten Beschwerden bekommen. Rückblickend kann ich sagen, dass nie im Vorfeld etwas aufgetreten ist, was mich an Multiple Sklerose hätte denken lassen. Ich habe nie zuvor irgendwelche Probleme gehabt, bei denen ich mich gefragt habe, wo das jetzt herkommt oder dass mich etwas massiv gestört hätte.
Bis zum Frühjahr 2001: Ich habe plötzlich schlecht gesehen, hatte einen Schleier auf den Augen. Ich bin seit meiner Kindheit Brillenträgerin und dachte eben, meine Sehstärke hätte sich verschlechtert. Der Augenarzt fand ein kleines Loch auf der Netzhaut, das gelasert wurde. Aber auch danach ist der Schleier nicht verschwunden.
Eine andere Augenärztin erklärte mir, dass ein Schleier auf den Augen üblicherweise nichts mit einem Loch auf der Netzhaut zu tun hat und hat mich dann zum Neurologen geschickt. Dieser hat glücklicherweise sehr schnell geschaltet. Nach einigen Tagen mit zahlreichen Untersuchungen und Tests im Krankenhaus war die Diagnose ziemlich gesichert.
Das war im September 2001. Ich habe also Gott sei Dank keinen langen Leidensweg hinter mir, wie ihn viele andere Betroffene beschreiben.
Ich hatte mehrere Male Sensibilitätsstörungen am Arm, Bein, Bauch und im Gesicht. Außerdem dieses unter MS-Patienten bekannte Gefühl, dass Ameisen die Haut entlanglaufen, Kribbeln und Taubheitsgefühle. Das war mitunter so schlimm, dass ich meine linke Hand und den Arm gar nicht benutzen konnte. Ich hatte so wenig Gefühl darin, konnte nichts greifen und keine Flaschen öffnen.
Einige Male hatte ich einen Hörsturz. Hier gab mein Ohrenarzt aber nur bei einem an, dass er auf die MS zurückzuführen sein könnte. Generell habe ich einige Symptome entweder nicht wirklich bemerkt oder vielleicht auch nicht so dramatisch gesehen. Aber als erstmals auch Spastiken in den Beinen dazukamen, war das für mich ein Alarmzeichen, die MS und auch die Behandlung wirklich ernst zu nehmen. Seit 2007 bin ich allerdings schubfrei und habe nur wenige, nicht so stark ausgeprägte Symptome. Heute kämpfe ich vor allem mit zeitweiliger Erschöpfung und Konzentrationsschwierigkeiten.
Das hat sie eigentlich kaum. Das Kribbeln war unangenehm, hat mich aber nicht so eingeschränkt. Meinem Chef und den Kollegen gegenüber habe ich immer offen kommuniziert, dass ich MS habe – einfach, damit das Verständnis da ist.
Aufgrund der Taubheitsgefühle war ich dann schließlich auch mal krankgeschrieben. Ich programmiere Webseiten als Frontend-Entwicklerin und muss da ja meine Hände einsetzen können.
Insgesamt hat es meine Arbeit aber nicht wirklich beeinflusst. Von beruflichen Zielen musste ich nicht zurückstecken. Das liegt aber wohl auch daran, dass ich immer zufrieden mit meiner Arbeit war und nie übermäßig große Karrierepläne hatte. Das Ganze ist für mich daher nie eine ganz so große Sache gewesen.
Ich weiß aber, dass das auch anders laufen kann. Durch meine Webseite hatte ich auch Kontakt zu anderen Betroffenen, die deutlich mehr zu kämpfen hatten.
Für mich war es immer wichtig, einfach weiter zu machen und mich nicht hängen zu lassen. Zu Beginn der Diagnose habe mich viel in das Thema MS eingelesen. Ich war ja erstmal einfach nur geschockt. Ich hatte das Gefühl, Du bekommst da jetzt so eine Diagnose, aber so wirklich sagt Dir niemand, was Dich jetzt erwartet. Was ist das überhaupt? Was mache ich jetzt? Sitze ich bald im Rollstuhl?
Ich habe mich dann intensiv mit gesunder Ernährung beschäftigt. Das war für mich damals relativ neu – ich habe vorher nicht unbedingt darauf geachtet, was ich esse. Jetzt achte ich eher auf eine ausgewogene Ernährung. Dazu kam das Thema Bewegung. Ich begann mit dem Laufen, nahm später sogar einige Male an einem Halbmarathon teil. Heute geht das aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr. Aber ich habe mir ein E-Bike gekauft und liebe es, bei jeder Gelegenheit damit die Gegend zu erkunden!
Heute lebe ich einfach bewusster. Das Stichwort „Innere Einstellung“ ist mir besonders wichtig. Nicht verzweifelt alles hinzuwerfen und im Kern immer positiv zu sein, so gut es eben geht.
Einige Zeit nach meiner Diagnose sah ich ein kurzes Video des australischen Motivationsredners Nick Vujicic. Das war ein echter Glücksfall! Nick wurde ohne Arme und Beine geboren. Aber er macht alles, was ihm Spaß macht! Er geht schwimmen, springt vom Sprungturm, spielt Fußball und Golf, und man glaubt das alles kaum, bis man es selbst gesehen hat. Für mich ist er Inspiration pur! Ein wahrer Held des Alltags. Wenn ich einen persönlichen oder gesundheitlichen Rückschlag hatte, dachte ich oft an ihn oder generell an andere Menschen, die es viel schwerer haben im Leben als ich. Und meine Probleme sehen dann gleich viel kleiner aus und sind weniger schwierig zu meistern.
Ich würde jedem Menschen sagen: Bewahre Dir eine positive innere Haltung! Auch wenn Du eine Diagnose wie MS kriegst: Die Erkrankung kann so oder so verlaufen. Egal was Du tust: Ob Du Dich gesund ernährst oder nicht, Dich bewegst oder nicht: Tu, was Dir vorher lieb war auch weiterhin. Schotte Dich nicht komplett ab und versuche einfach, das Leben positiv zu sehen! Je mehr Du Dich hängen lässt, desto schwerer wird Dich die Erkrankung belasten. Und ganz wichtig, besonders an Tagen, an denen es einfach nicht rund läuft: Nicht jedes gesundheitliche Problem, dass man im Alltag hat, ist auf die MS zurückzuführen!