FrĂĽher Einsatz von MS-Medikamenten

Die Therapielandschaft bei Multipler Sklerose wächst – dadurch wird es immer besser möglich, die Behandlung individuell auf den Krankheitsverlauf und auch auf die Betroffenen abzustimmen. Auch in Sachen Therapiestrategie hat in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden. In der Vergangenheit tendierte man dazu, wirksamere Behandlungsoptionen für den Fall einer Krankheitsverschlechterung in der Hinterhand zu behalten („treat to target“). Heute wird zunehmend entschieden, bei einer entsprechenden Krankheitsaktivität diese Medikamente so früh wie möglich einzusetzen. Diese Strategie wird auch als „hit hard and early“ bezeichnet und verfolgt das Ziel, dem Fortschreiten der MS schnell und effektiv entgegenzutreten.

Window of opportunity: Zeitfenster fĂĽr den Therapiebeginn bei MS nutzen

Das „Window of Opportunity“ (wörtlich übersetzt: Fenster der Möglichkeit) bezeichnet das therapeutische Zeitfenster, in dem die Behandlung am effektivsten ist und dadurch die MS bestmöglich beeinflusst werden kann. In dieser Phase sind die entzündlichen Prozesse im Nervensystem noch aktiv, und geeignete Therapien können besser verhindern, dass Nervengewebe irreversibel geschädigt wird. Einige Medikamente bieten darüber hinaus neuroprotektive Eigenschaften, die das Nervensystem während dieser entscheidenden, frühen Krankheitsphase schützen können. Studien haben gezeigt, dass eine frühe Intervention nach der ersten Episode oder nach der MS-Diagnose auch langfristig zu besseren gesundheitlichen Ergebnissen führen kann: Mögliche spätere Schäden können dadurch bereits frühzeitig verhindert werden.

Neben dem frühzeitigen Behandlungsbeginn gibt es noch ein zweites therapeutisches Zeitfenster, in dem die Optimierung der Therapie im Fokus steht. Dieses kann es Ärzten ermöglichen, die Behandlung so früh wie möglich an die individuellen Voraussetzungen des Patienten und den MS-Verlauf anzupassen. Kommt es beispielsweise zu weiterer Krankheitsaktivität, kann dann die Therapie gewechselt werden.

Die Versorgung von Betroffenen verbessern

MS beeinflusst nicht nur das Leben von Betroffenen und ihren Angehörigen, sondern hat auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen. Mit den folgenden drei Säulen könnten diese Auswirkungen begrenzt werden:


  1. Ein früher Einsatz von Therapien – durch eine verkürzte Zeitspanne zwischen Diagnose und Behandlungsbeginn. Wichtige Elemente dabei sind die Aufklärung der Bevölkerung und von Allgemeinmedizinern sowie eine rasche neurologische Versorgung.
  2. Definition von langfristigen und individuellen Therapiezielen. Jede Therapieentscheidung sollte dabei im Dialog zwischen Arzt und Patient getroffen werden.
  3. Schaffen einer Grundlage für fundierte Entscheidungen. Dazu zählt die stetige Evaluation von Therapiemöglichkeiten und die Nutzung von Daten aus der Bevölkerung.

MS positiv beeinflussen: Krankheitsverlauf verlangsamen …

Das Krankheitsbild der MS ist vielseitig und kann eine ganze Reihe von Symptomen hervorbringen. Wie sich die Beschwerden äußern, ist dabei nicht nur individuell unterschiedlich, sondern hängt auch von der Verlaufsform ab. Bei der schubförmig remittierenden MS (RRMS) treten die Symptome während eines Krankheitsschubes auf und bilden sich dann meist wieder zurück. Schreitet die Erkrankung weiter voran, kann die RRMS in eine sekundär chronisch progrediente MS (SPMS) übergehen. Dann nimmt die Häufigkeit der Schübe ab, allerdings nehmen die Schwere der Schädigungen und bleibende Behinderungen zu. Dies ist bei etwa 40 Prozent aller MS-Erkrankten nach etwa 10 Jahren der Fall.

Wird die MS früh und wirksam behandelt, wird nicht nur die akute Entzündung und damit die Schubaktivität reduziert. Auch das Fortschreiten der Erkrankung durch chronische Nervenschäden kann möglicherweise verlangsamt werden. So können langfristige Behinderungen verringert und der Übergang von einer RRMS in eine SPMS verzögert werden. Um Krankheitsaktivität auch jenseits von Schüben zu erkennen (z. B. im MRT-Bild) und dieser dann auch entgegenzuwirken, ist ein regelmäßiges Monitoring beim Neurologen wichtig.

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Ein frĂĽher Behandlungsbeginn kann die Behinderungsprogression verlangsamen (modifiziert nach [1]).

… und Lebensqualität erhalten

Die Symptome frühzeitig kontrollieren, Schübe reduzieren und langfristige Behinderungen möglichst verhindern: All diese Faktoren können dazu beitragen, dass Betroffene länger aktiv bleiben und ihre täglichen Aktivitäten besser bewältigen können. Dies trägt dazu bei, die Lebensqualität so lange und so gut wie möglich zu erhalten.

Gehirnatrophie bei MS: Symptome nicht immer sichtbar

Neben sichtbaren Symptomen wie Schüben und motorischen Einschränkungen treten bei MS auch häufig unsichtbare Symptome wie kognitive Beeinträchtigungen auf. Eine der Ursachen dafür ist die Gehirnatrophie, also der Verlust von Gehirnsubstanz. Dabei handelt es sich im Grunde um einen normalen Prozess: Auch gesunde Menschen verlieren altersbedingt 0,1 bis 0,5 Prozent des Gehirngewebes jährlich. Bei MS kann dieser Prozess allerdings deutlich beschleunigt ablaufen: Bleibt die Krankheit unbehandelt, kann das Gehirnvolumen um rund 1 Prozent pro Jahr abnehmen.

Besonders tückisch ist, dass der Verlust von Gehirngewebe häufig lange Zeit nicht bemerkt wird. Dies liegt zum einen daran, dass das Gehirn durch die sogenannte neurologische Reserve in der Lage ist, diese Schäden auszugleichen – zum anderen sind mögliche Symptome sehr vielfältig und auch nicht immer gleich stark ausgeprägt. Der frühe Einsatz wirksamer MS-Medikamente kann dieser Entwicklung entgegenwirken, die Hirnatrophie verlangsamen und den Verlauf der MS positiv beeinflussen.
 

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Bei unbehandelter MS kommt es zu einem beschleunigten Verlust von Hirnsubstanz (modifiziert nach [1]).

Das Motto bei MS ist also häufig: Keine Zeit verlieren – so können kurz- und langfristige Folgen der MS-Erkrankung bestmöglich begrenzt werden.

Du möchtest mehr zu unsichtbaren Symptomen bei MS erfahren? Dann können wir Dir unsere Broschüre dazu ans Herz legen. Diese findest Du im Downloadbereich oder direkt als PDF unter diesem Link.

Bei jeder Therapieentscheidung gilt: Diese sollte immer individuell getroffen werden – und zwar gemeinsam von Arzt und Patient. Wie sind Deine Erfahrungen damit – kannst Du mit Deinem Arzt offen über mögliche Therapieanpassungen sprechen? Schreibe uns gern bei Instagram oder Facebook.

Literatur:

[1] Giovannoni G et al. Mult Scler Relat Disord. 2016;9 Suppl 1:S5-S48.

DE-NONNI-00890, Stand 05/2025